Rück’ die Kohle rüber!
Ein langjähriger und ebenso texte-reihernder Freund hat mir geraten, Kaffee (in welcher Form und Mischung auch immer) zu trinken, statt darüber zu schreiben. Recht hat er, der Gute. Gerade trinke ich sowieso eher Chai Latte. So schreibe ich über einen anderen Antriebsstoff, der farblich ganz ähnlich verortet ist. Lediglich seine Konsistenz ist eine andere. Die Rede ist von Braunkohle, des Menschen liebster fossiler Energieträger.
Als ich letztens so duschte, und ich dusche gerne, erfreute ich mich an sofort präsentem Warmwasser aus der Leitung. So schnell ist die Fernwärme da, dass ich Boiler-Gewöhnter schon mal schreckhaft aus unserer Waschanlage flüchtete. Geliefert wird sie vom Kraftwerk Klingenberg in Rummelsburg. Was klingt wie ein von der Horde gehaltener wirtschaftlicher Knotenpunkt aus dem MMORPG “World of Warcraft”, ist in der Tat eines der größten Heizkraftwerke Ostberlins (Eine Information, für die ich dem Vater eines sehr guten Freundes dankbar bin).
Klingenberg liegt an der Köpenicker Chaussee 42 bis 45 und deckt die komplette Fläche vom Ufer der parallel laufenden Spree bis nach Norden zum Betriebsbahnhof Rummelsburg ab. Dort grenzt es an die Wartungshallen der Deutschen Bahn an. Der elfstöckige Klinkerbau wurde von Prof. Dr. Georg Klingenberg entworfen und ging 1927 ans Netz. Verfeuert wird seitdem Braunkohle aus den Tagebauen rund um Cottbus, seit der Modernisierung 1987 verarbeitet man dort auf Erdgas. Die erste technische Aufrüstung war aber schon in den 60ern nötig, da die Luftverschmutzung in Lichtenberg arg zunahm. Abhilfe schaffte das von der DDR geführte Heizwerk durch die Installation von Filteranlagen.Â
Noch heute greifen die Schornsteine von allen Straßen und Bahnstrecken aus gut sichtbar gen Lichtenberger Firmament. Und kotzen Schwaden weißen Dampfs himmelwärts. Doch auch mit der Braunkohle soll hier bald Schluss sein. Der jetzige Betreiber, so ein Laden aus Schweden, legte nach heftigem Protest von Anwohnern, Bezirksverwaltung und Senatsverwaltung an ersteren Ausbauplänen ein neues Kraftwerkskonzept vor.
Dieses sieht zwei kleine Biomasse-Kraftwerke sowie den Bau eines größeren Gas-und-Dampf-Kombikraftwerks vor. Die Biomassekraftwerke sollen die Wärmegrundlast liefern. Der Bauabschluss ist wohl 2016, das aktive Kohlekraftwerk soll nach Erreichen der vollen Leistung der neuen Anlagen dann stillgelegt werden. Dass das nicht von heute auf morgen funktioniert, ist klar. Der Wandel ist aber da. Für ‘ne saubere Stadt. I liike.
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